Zugänge psychisch Kranker in das BTZ und ihre Wege in Qualifizierung und Arbeit – eine Verlaufs- und Go Along-Studie (WePsyBTAM)

Projektleitung:Prof. i.R. Dr. E. v. Kardorff
Wissenschaftliche MitarbeiterInnen:Dr. Alexander Meschnig; Drs., M. Ed. Niklas Tibbe
Projektförderung:Deutsche Rentenversicherung Baden-Württemberg
Projektlaufzeit:01.01.2022 - 31.12.2024

Hintergrund

Aufgrund des steigenden Bedarfs an differenzierten Leistungen für die heterogene Gruppe stark psychisch beeinträchtigter Rehabilitanden richtet dieses Forschungsprojekt den Fokus auf Berufliche Trainingszentren (BTZ). Bislang gibt es nur wenige wissenschaftliche Studien zu diesen Einrichtungen der beruflichen Rehabilitation, doch haben Berufliche Trainingszentren mit ihren integrierten Angeboten für ein breites Diagnosespektrum schwerer psychisch beeinträchtigter Menschen eine schnittstellenübergreifende Scharnierfunktion bei der Vorbereitung für eine Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration sowie konkret beim Einstieg in Beschäftigung. Darüber hinaus spiegelt sich im Angebotsspektrum der BTZs die in der Fachwelt schon länger geführte Grundsatzdebatte um unterschiedliche berufliche Integrationskonzepte: zwischen einer am deutschen Qualifizierungsrahmen orientierten und dominanten „Train and Place“-Strategie (Prevocational Training) und einer „Place-and-Train“-Strategie, die eine erfolgreiche Arbeitsmarktintegration von Beginn an im Betrieb favorisiert. Das BTZ steht damit zwischen den weitergehenden Bildungs- und Qualifizierungsmaßnahmen in BFWs auf der einen und der Unterstützten Beschäftigung auf der anderen Seite und scheint mit seinen flexiblen Angeboten für schwer psychisch erkrankte Menschen als eine bedarfsgerechte Alternative, um die eigene Leistungs- und Belastungsfähigkeit zu testen, sich in einem fachlich unterstützenden Umfeld zu erproben, Selbstbewusstsein (wieder-)zugewinnen und den Weg (zurück) in die betriebliche Arbeitswelt zu wagen und/oder sich weiter zu qualifizieren bzw. erstmals eine beruflichen Qualifizierung zu erwerben (vgl. Stengler & Rauschenbach 2016).

Wissenschaftliche und praxisbezogene Ziele

Vor dem skizzierten Hintergrund konzentriert sich das Projekt auf Zugangswege, Zuweisungsprozesse und die Zugangsteuerung zu niedrigschwelligen und modular angelegten Angeboten der beruflichen Rehabilitation schwer psychisch erkrankter Menschen (Gühne & Riedel-Heller 2015), wie sie von den Beruflichen Trainingszentren (BTZ) angeboten werden[1]. In der Kontrastierung zwischen den Erfahrungen der Rehabilitanden beim Zugang zum BTZ und der Expertensicht der zuweisenden Instanzen (Sozialmedizin, Reha-Fachberatung der Rentenversicherung und der Bundesagentur für Arbeit, Eingliederungshilfe, Unfallversicherung) wird ein Erkenntnisgewinn für eine verbesserte, d.h. vor allem zielgenauere und kooperativ abgestimmte Reha-Steuerung erwartet. Weiter geht es darum, die biografischen Verlaufsprozesse von Teilnehmern an Angeboten des BTZ bis hin zum Abschluss einer Qualifikation oder einer Platzierung auf dem Arbeitsmarkt konkret anhand episodisch-narrativer Interviews als auch mit Hilfe ethnografischer Go-Along Begleitung nachzuzeichnen und dabei die Sichtweisen aller beteiligten Akteure miteinander ins Spiel zu bringen, um kritische Problemzonen in den Interaktionsbereichen innerhalb und zwischen den beteiligten Feldern (z.B.: BTZ, Praktikumsbetriebe, Arbeitsplatz) zu identifizieren. Weiterhin werden die konkreten im Rehabilitationsprozess auftretenden Erfahrungen sowie förderliche Faktoren und Barrieren an immer wiederkehrenden kritischen Situationen und Übergängen im Prozess des beruflichen Trainings, bei der Qualifizierung und der Platzierung am Arbeitsplatz auf Basis der Go-Along Begleitung ausgewählter Maßnahmeteilnehmer und der jeweils beteiligten Akteure (Therapeuten, Sozialarbeiter, Berufsbegleiter, Arbeitskollegen, Vorgesetzte, Arbeitgeber) herausgearbeitet und anschließend in Fokus-Gruppen reflektiert. Aus dem Material sollen vor dem Hintergrund aktueller fachlicher Diskussionen zur Integration psychisch beeinträchtigter Menschen in den Arbeitsmarkt, Empfehlungen zur Verbesserung einer biografisch wie zu den spezifischen Beeinträchtigungen passfähigen Eingliederungsstrategie entwickelt werden. Ein besonderes Augenmerk wird auf die Probleme bei der Platzierung im Betrieb gelegt.

[1]           Für die Rehabilitationseinrichtungen für Psychisch Kranke (RPK) haben Stengler et al. (2015) eine deskriptive Analyse der Aufnahme und Entlassungsdaten vorgenommen, wobei keine Zeitspanne nach der Beendigung der Maßnahme angegeben wurde und vor allem nur wenige Informationen über weitergehende Qualifizierungsmaßnahmen etwa in einem BTZ oder eine weitere Begleitung durch einen IFD vorlagen.

Studentische Mitarbeiterinnen: Frederike Kotter, Rebekka Löschner (bis 31.05.2023)

Ansprechpartner: Niklas Tibbe; E-Mail: tibbe@bws-institut.de